Fernerkundung


Bevor die Raumsonde Galileo den Gürtel-Asteroiden (951) Gaspra im Jahr 1991 fotografierte, konnte man ausschließlich mit Fernerkundungsverfahren und Meteoriten-Proben diese Körper untersuchen.

 

Zuerst stellt sich die Frage, wie Asteroiden überhaupt gefunden werden können. Dazu werden viele Langzeitaufnahmen eines bestimmten Himmelabschnittes erstellt. Ein Asteroid zeichnet sich durch eine größere Relativgeschwindigkeit gegenüber den Sternen aus und daher erscheint er in den Aufnahmen als Strich (Zimmermann & Weigert, 1999) (Abbildung 1). Ein so gefundener Asteroid muss anschließend durch weitere Langzeit-Aufnahmen verfolgt werden. Die Kombination der Striche ist ein Bahnsegment der Umlaufbahn und mittels des bspw. Verfahren nach Gauß kann anschließend die vollständige Bahn bestimmt werden (Bennett et al., 2009). Auf eine ähnliche Weise kann man die Bahn von herabstürzenden Meteoriten berechnen. Heutige Teleskope mit CCD-Sensoren (Stand 2014) können NEOs mit Durchmessern von 5 bis 10 m als Lichtpunkt auflösen. Dabei bestimmt die Helligkeit des Objektes die Grenze der Auflösung (Spohn et al., 2014).


Abbildung 1: In Langzeitaufnahmen erscheinen Asteroiden gegenüber Sternen als Strich. Sie besitzen eine höhere Relativgeschwindigkeit. (eigene Darstellung)
Abbildung 1: In Langzeitaufnahmen erscheinen Asteroiden gegenüber Sternen als Strich. Sie besitzen eine höhere Relativgeschwindigkeit. (eigene Darstellung)

Weitaus schwieriger ist die Bestimmung der Form eines Asteroiden. Eine erste Methode ist die Beobachtung von Helligkeitsvariationen während der Rotation des Körpers. Besitz der Asteroid keine Kugelgestalt, sondern ist unregelmäßig geformt, so reflektiert die größere Seite mehr Sonnenlicht als die Kleinere. Erste einfache Rekonstruktionen sind so möglich (Bennett et al., 2009) (Abbildung 2). Allerdings können nach Zimmermann & Weigert (1999) Helligkeitsvariationen auch auf zwei umeinanderlaufende Asteroiden hinweisen; es ist also Vorsicht geboten.


Abbildung 2: Eine grobe Rekonstruktion der Form ist über Helligkeitsvergleiche möglich. (eigene Darstellung)
Abbildung 2: Eine grobe Rekonstruktion der Form ist über Helligkeitsvergleiche möglich. (eigene Darstellung)

Von einigen NEOs konnte die Form mittels Radarmessungen ermittelt werden. Dazu muss der Körper jedoch nah an der Erde vorbeifliegen. Diese Helligkeitsvariationen zeigen zwar eine unregelmäßige Form auf, zur Größenbestimmung reicht diese Information jedoch nicht aus. Denn die Helligkeit des Objektes hängt sowohl von der Größe und dem Abstand zum Beobachter als auch von der Reflektivität ab (Bennett et al., 2009). Asteroiden, die sich außerhalb der Frostgrenze gebildet haben, besitzen durch das auskondensierte kohlenstoffhaltige Material einen geringeren Reflexionskoeffizienten als Asteroiden, die sich innerhalb der Frostgrenze gebildet haben. Daher ist bspw. die Beobachtung der Gürtelasteroiden einfacher als die Beobachtung der Jupiter-Trojaner. Nach Bennett et al. (2009) muss man zur Bestimmung der Größe zunächst den Abstand zum Beobachter bestimmen. Dieser ergibt sich aus den Bahneigenschaften des Asteroiden und der Erde. Zur Bestimmung des Reflexionskoeffizienten kann man die Helligkeit des sichtbaren Lichtes mit der Helligkeit des infraroten Lichtes vergleichen. Ein Körper mit einen geringeren Reflexionskoeffizienten absorbiert mehr Licht und heizt sich im Zuge dessen auf. Aus dem Verhältnis beider Helligkeiten können die reflektierten und die absorbierten Anteile des Sonnenlichtes geschlussfolgert werden. Ist sowohl der Abstand als auch die Reflektivität bekannt, kann als letzte Variable die Größe des Objektes berechnet werden.

 

Eine weitere Methode zur Bestimmung der Form und der Größe (bei bekannten Orbit) ist nach Zimmermann & Weigert (1999) sowie Spohn et al. (2014) die Bestimmung der Sternbedeckung des Objektes. Dabei erscheint die Bedeckung eines Sternes von verschiedenen Beobachtungspunkten unterschiedlich und eine Abschätzung der Form ist so gewährleistet (Abbildung 3).


Abbildung 3: Eine grobe Rekonstruktion der Form (und Größe) ist auch über die Sternenbedeckung möglich. Dabei erscheint die Überdeckung eines Sterns von verschiedenen Beobachtungspunkten aus unterschiedlich (eigene Darstellung nach Spohn et al., 2014)
Abbildung 3: Eine grobe Rekonstruktion der Form (und Größe) ist auch über die Sternenbedeckung möglich. Dabei erscheint die Überdeckung eines Sterns von verschiedenen Beobachtungspunkten aus unterschiedlich (eigene Darstellung nach Spohn et al., 2014)

Die wohl schwierigste Fernerkundungsaufgabe ist die Bestimmung der Masse des Asteroiden. Zugleich ist sie aber auch sehr wichtig, da aus der Masse sowie Form und Größen die Dichte eines Asteroiden abgeschätzt werden kann. Aus dieser Dichte wiederum können u.a. Aussagen über den Ursprung von Asteroiden gefolgert werden. Eine direkte Messung ist nur möglich, wenn der Asteroid einen Mond besitzt. In diesem Fall kann man den Einfluss der Schwerkraft direkt beobachten, die Bahn des Mondes konstruieren und über die Newtonsche Schreibweise des dritten Keplerschen Gesetzes die Masse des Zentralkörpers bestimmen. Möglich war dies bspw. bei dem Asteroiden (45) Eugenia, dessen Mond in einer Entfernung von 1190 km (große Halbachse) in 4,7 Tagen um den Zentralkörper kreist (Abbildung 4). Zu beachten ist, dass der Mond mit seiner schwachen Helligkeit nur sichtbar ist, indem man den Asteroiden künstlich überdeckt (Bennett et al., 2009). Nach Zimmermann & Weigert (1999) kann die Masse großer Asteroiden auch durch „auf sie ausgeübte Bahnstörungen“ bestimmt werden.


Abbildung 4: Aus mehreren Aufnahmen bestimmte Bahn des Mondes des Asteroiden (45) Eugenia. Die Berechnung der Masse des Asteroiden ist so möglich (eigene Darstellung nach Bennett et al., 2009).
Abbildung 4: Aus mehreren Aufnahmen bestimmte Bahn des Mondes des Asteroiden (45) Eugenia. Die Berechnung der Masse des Asteroiden ist so möglich (eigene Darstellung nach Bennett et al., 2009).

Die Beobachtung der Helligkeit und die Bestimmung des Reflexionskoeffizienten erlaubt nicht nur die Abschätzung der Form und der Größe eines Asteroiden, sondern auch die Bestimmung der photometrischen Eigenschaften des Oberflächenmaterials. Aus diesen Eigenschaften können physikalische Parameter wie die Rauigkeit der Oberfläche, die Gesteins-Kompaktion und die Lichtstreuung des Materials abgeschätzt werden. Zudem kann die Polarisation als Funktion des solaren Phasenwinkels zur Bestimmung des Reflexionskoeffizienten, der Textur und der Mineralogie der Oberfläche genutzt werden (Spohn et al., 2014).

 

Eine sehr wichtige Methode zur Bestimmung der Mineralogie ist die Reflexionsspektroskopie (Abbildung 5). Diese Methode macht sich prinzipiell zu Nutze, dass die verschiedenen Minerale unterschiedliche Kristallgitter mit unterschiedlichen Gitteratomen besitzen. Diese verschiedenen Gitter absorbieren wiederum unterschiedliche Wellenlängen des elektromagnetischen Spektrums. Beispielsweise erscheint das Kupfererz Azurit im sichtbaren Spektrum blau, während das Kupfererz Melachit im sichtbaren Spektrum grün erscheint. Jedes Mineral besitzt damit ein einzigartiges Reflexionsspektrum, in dem verschiedene Wellenlängen schlechter, andere wiederum besser reflektiert werden. Das Gesamtspektrum eines Asteroiden enthält damit die Informationen über die mineralogische Zusammensetzung der Oberfläche (nicht des Gesamtkörpers). Die heutzutage eingesetzten Fernerkundungsinstrumente (Stand 2014) können bis zu mehreren tausend verschiedenen Farben unterscheiden und somit die wichtigsten gesteinsbildende Minerale wie Olivin, Pyroxen und Spinell spektral auflösen. Zudem ermöglicht diese Methode das Aufspüren von Schichtsilikaten, organischen Verbindungen, Hydrate, freiem Eisen und opake Minerale.


Abbildung 5: Prinzip der Reflexionspektroskopie (eigene Darstellung).
Abbildung 5: Prinzip der Reflexionspektroskopie (eigene Darstellung).

Da man ebenfalls das Reflexionsspektrum eines Meteoriten bestimmen kann, liegt es nahe, dieses Spektrum mit den Spektren der verschiedenen Asteroiden zu vergleichen. Mit dieser Methode ist es theoretisch möglich über die genaue Zusammensetzung des Meteoriten auf die Zusammensetzung des Asteroiden mit gleichem/ähnlichen Spektrum zu schließen und die Asteroiden zu klassifizieren. Doch dabei muss beachtet werden, dass das Spektrum des Asteroiden nicht zwangsläufig mit dem des Meteoriten korrelieren muss, auch wenn die Zusammensetzung ähnlich wäre. Meteoriten sind meist kleinere Bruchstücke größerer Körper und lagen unterhalb der Oberfläche. Damit sind sie bis zum Zeitpunkt des Herauslösens weniger der Verwitterung ausgesetzt gewesen. Labormessungen zeigen auch, dass Meteoriten, bei denen die Vermutung nahe liegt, dass sie einst an der Oberfläche des Asteroiden vorkamen, ein anderes Spektrum besitzen als Meteoriten, die einst unterhalb der Oberfläche lagen (Spohn et al., 2014). Die unterschiedlichen Flugbahnen des Asteroiden und des zukünftigen Meteoriten lassen beide Körper unterschiedliche Verwitterungen annehmen und zudem steht dem zukünftigen Meteoriten noch der Eintritt in die Erdatmosphäre bevor. Ein spektraler Vergleich zwischen Meteoriten und der Oberfläche eines Asteroiden, ist damit nach Spohn et al. (2014) mit „gesunder Skepsis [a. d. Engl.]“ zu betrachten.


Quellen

Bennett, J., Donahue, M., Schneider, N. & Voit, M. (2009). Astronomie: Die kosmische Perspektive (Pearson Studium - Physik) (H. Lesch, Hrsg.; 5., aktualisierte Aufl.). Pearson Studium

 

Spohn, T., Breuer, D. & Johnson, T. (2014). Encyclopedia of the Solar System (3. Aufl.). Elsevier.

 

Zimmermann, H. & Weigert, A. (1999). Lexikon der Astronomie (8., überarbeitete Auflage 1999, Aufl.). Spektrum Akademischer Verlag.